Trotzdemalter
- rahelmeshorerharim
- 19. Apr.
- 2 Min. Lesezeit

Ich plädiere dafür, dass wir das sogenannte Trotzalter (welches heutzutage ja glücklicherweise bereits als Autonomiephase bekannt ist) umbenennen in «Trotzdemalter». Denn:
Wenn das Lieblingswort des Kindes gerade zu allem «nein» ist und ich mich auf einen Machtkampf einlasse, den das Kind gar nicht gewinnen kann – dann kommt das Kind danach trotzdem in meine Arme, um Trost zu finden.
Wenn das Kind gerne die Schuhe selbst anziehen möchte, ich aber zu wenig Zeit eingeplant habe und es hetzen muss, um den Bus zu erwischen – dann sitzt es im Bus trotzdem auf meinem Schoss und plaudert.
Wenn das Kind vertieft im Sandkasten spielt, nicht nachhause will und dies schreiend kundtut, ich es aber mit Androhungen durchsetze – dann schläft das Kind danach trotzdem in meinem Arm ein.
Wenn das Kind quengelnd einfordert, gemeinsam ein Buch zu lesen, während ich mich nur kurz im Bad bereitmachen will und es deswegen genervt zurechtweise – dann legt es später trotzdem seinen Kopf an meine Schulter, wenn ich endlich vorlese.
Genauso könnte ich diese Sätze natürlich umwandeln in die Elternperspektive: Wenn das Kind mich im Impuls schlägt oder kratzt, tröste ich es danach trotzdem – die Beispiele liessen sich aus beiden Perspektiven lange weiterführen, wobei natürlich nie vergessen werden darf, dass die Verantwortung für das Gelingen der Beziehung bei den Eltern liegt.
Dennoch blicke ich – seit mir dieser Gedanken mit dem Trotzdem-Alter kam – gleichzeitig entspannter und kraftvoller auf diese herausfordernde Entwicklungsphase. Ja, ich war müde oder überreizt und habe nicht richtig reagiert auf ein Verhalten der kleinen Bohne – danach kann ich mich entschuldigen und reflektieren. Wir sprechen über Verständnis, Grenzen, Pausen und Vergeben. Dass mein eigenes Verhalten der Liebe und dem Vertrauen meines Kindes zu mir keinen Abbruch tut, wie es sich auch umgekehrt verhält, befreit. Ich weiss dann immer öfter, dass ich trotzdem die Mutter bin, die ich sein möchte.
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