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kostbares Puppenspiel

  • rahelmeshorerharim
  • 19. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit



Kürzlich war ich am Kochen und die kleine Bohne hat sich bei mir in der Küche und auf dem Balkon aufgehalten. Wie immer in letzter Zeit dabei: ihre Puppe Babette.


Am Wochenende davor hatten wir Familienbesuch mit Baby über Nacht, jede Woche sehen wir unsere Freunde mit Baby - und die kleine Bohne schaut offensichtlich ganz genau hin.


Während des Kochens beobachtete ich sie, wie sie ganz vertieft war in ihr Tun: Sie hielt Babette an sich gedrückt, schaukelte mit dem Oberkörper und summte der Puppe eine selbsterfundene Melodie vor. Sie klopfte Babette sanft auf den Rücken, während sie hin und her ging. Später sass sie auf dem Balkon und "stillte" Babette. Bevor sie selbst ins Bett geht, bringt die kleine Bohne Babette in ihr Bettchen. Sie legt sie vorsichtig hin, achtet auf den Kopf wie bei einem Baby, deckt sie sorgfältig zu und gibt ihr einen Kuss auf die Stirn.


Puppen sind nicht nur irgendein herziges Spielzeug, sondern ein grundlegendes Werkzeug für Kinder, um ihre Umwelt und das Erlebte zu verarbeiten und in ihre eigene, noch kleine Welt zu integrieren - sodass diese Erfahrung um Erfahrung wachsen kann. Am Umgang mit der Puppe  bilden Kinder ihre soziale und emotionale Intelligenz aus; beim An- und Ausziehen, Wickeln oder Frisieren können sie zudem die Feinmotorik schulen.


Ich möchte fast sagen, das Puppenspiel ist das Spiegelbild des Innenlebens eines Kindes - man kan darin zu einem Grossteil erkennen, was das Kind gerade bewegt.


Als ich auf stationären Kinderwohngruppen gearbeitet habe und Kinder von einem Besuchstag oder Wochenende bei ihren Eltern zurückgekommen sind, haben sie so gut wie immer gesagt, dass es "schön" war. Mit ihren Puppen und Playmobilfiguren haben sie danach im Zimmer Streitszenen nachgespielt, Drohungen und Beschimpfungen wiederholt, die Puppen geschlagen und verlassen. Und das heisst in keinster Weise, dass die Kinder gelogen haben, wenn sie sagten, dass es schön war. Weil es vielleicht wirklich schön war, Eis essen zu gehen. Vor allem auch, weil sie so sehr wollten, dass es schön ist. Und weil sie vermutlich gar keine Worte hatten für das, was sie fühlten. Was sie unter der mit Eis und Geschenken besänftigten Oberfläche beschäftigte, konnte man in ihrem Puppenspiel erahnen. Nicht umsonst gibt es eine eigene Therapieform (Figurenspieltherapie), welche sich genau damit beschäftigt.


Eine Puppe kann auch helfen, neue oder unangenehme, beängstigende Situationen zu bewältigen. Ein kleines Beispiel aus dem Alltag bei uns war hierbei das Anlegen eines Brustwickels, wenn die kleine Bohne erkältet war. Die Wickel hat sie zunächst mehrere Male vehement abgelehnt; erst als ich dieselben Schritte zuerst an Babette ausgeführt habe und die kleine Bohne es selbst versuchen liess, war sie dazu bereit. Mittlerweile informiere ich sie darüber, dass ich ihr für die Nacht einen Brustwickel machen möchte, und sie holt sofort Babette. Nachdem ich der kleinen Bohne den Wickel gemacht habe, macht sie einen für Babette. Dasselbe Prinzip funktioniert auch in vielen anderen Situationen; gerade auch, wenn es um pflegerische Tätigkeiten geht.


Ich - und damit bin ich sicherlich nicht alleine - frage mich oft, ob unsere Art und Weise, ein Kind, unser Kind zu begleiten und zu erziehen, wohl gut ist für sein ganz eigenes Wesen. Dann sehe ich, wie sie abends Babette ins Bett bringt oder ihr ein imaginäres Pflaster auf das Bein klebt und sie tröstet, nachdem sie sich selbst das Knie aufgeschürft hat einige Tage zuvor, wir sie verarztet und getröstet haben.


Und ich wage zu denken, dass wir es wahrscheinlich ganz gut machen.


 
 
 

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